Fehler in Lauterbachs Klinik-Atlas gefährden Patienten
Eine Woche nach Start des Klinik-Atlas aus dem Bundesgesundheitsministerium verdeutlicht sich immer mehr, dass dieser „Transparenzatlas“ zahlreiche Fehler und veraltete bzw. falsche Daten aufweist, die die Patientinnen und Patienten erheblich in die Irre führen können. Dazu erklärt die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Prof. Dr. Henriette Neumeyer:
„Lauterbachs Klinik-Atlas erfüllt leider nicht ansatzweise sein Versprechen, mehr Transparenz in der Krankenhausbehandlung zu schaffen. Im Gegenteil, zahlreiche falsche und fehlende Daten leiten Patientinnen und Patienten massiv in die Irre. Zum jetzigen Zeitpunkt müssen wir den Informationssuchenden leider raten, den Atlas mit größter Vorsicht zu behandeln, unbedingt Rücksprache mit den behandelnden Ärzten zu halten und auf eine bewährte Plattform zurückzugreifen. Das Bundesgesundheitsministerium fordern wir auf, Fehler so schnell wie möglich zu korrigieren und den Atlas mit einem Hinweis auf noch zu behebende Fehler zu versehen.
Drei konkrete Beispiele beschreiben die Problematik des Atlas:
Für den Standort Gehrden der KRH-Kliniken Siloah und Gehrden gibt der Klinik‑Atlas für radikale Prostatektomien eine Fallzahl von 4 an. Tatsächlich sind es aber 156. Sucht der Laie mit verwandten Suchbegriffen wird das Krankenhaus trotz Spezialisierung nicht einmal in der Ergebnisliste angezeigt. So macht der Klinik-Atlas aus einer spezialisierten Klinik mit zahlreichen Qualitätsmerkmalen eine Klinik mit Gelegenheitsversorgung.
Das Krankenhaus Bethanien in Solingen ist ein ausgewiesenes Lungenzentrum und zudem von der Krebsgesellschaft zertifiziert. Lungenkrebsbehandlung ist ein Schwerpunkt der Klinik mit viel Erfahrung und hoher Qualität. Nur leider listet der Klinik-Atlas das Krankenhaus bei der Suche nach Lungenkarzinom-Behandlung nicht auf.
Die irreführenden Fehler des Atlas treffen aber nicht nur kleine Kliniken. Nur sechs Fälle soll die Universitätsklinik des Saarlandes in Homburg bei der Frühgeborenen-Versorgung vorweisen können. Tatsächlich sind es durchschnittlich mehr als 75 pro Jahr. Hier handelt es sich um Fehler, die im Zweifel entscheidend in das Leben eines Menschen eingreifen können.
Über diese Beispiele hinaus haben uns ungezählte Meldungen aus Kliniken in allen Bundesländern erreicht, die falsche Angaben zu Ausstattungen, Notfallstufen und vor allem immer wieder zu niedrig angegebenen Fallzahlen beklagen. Dabei geht es nicht um minimale Abweichungen und gelegentliche Fehler, sondern um falsche Daten in massiver Menge, die ratsuchenden Patientinnen und Patienten, die die Daten ohne Expertenwissen nicht verifizieren können, in die Irre leiten können. Völlige Verwirrung herrscht auch bei vielen anderen Angaben: Kliniken, die noch nie die Personalvorgaben unterschritten haben, werden im Atlas plötzlich mit einer roten Ampel dargestellt. Sucht man nach psychiatrischen Behandlungen, empfiehlt der Klinik-Atlas Krankenhäuser ohne psychiatrische Fachabteilungen. Zahllose Kliniken erhalten Notfallstufen, obwohl sie keine Notfallversorgung anbieten, bei anderen fehlen die Angaben, trotz vorhandener Notfallversorgung.
Lokalzeitungen berichten in großer Zahl von falschen Daten ihrer Krankenhäuser, Journalistinnen und Journalisten bleiben nach dem Selbsttest mit dem Atlas ratlos zurück – Minister Lauterbach wird zahllose Hinweise und Kommentare finden, die für ihn dringender Arbeitsauftrag sein müssen. An der fehlerhaften Realität des Klinik-Atlas zeigt sich ein weiteres Mal, welche Folgen die Konfrontationspolitik des Bundesministers hat. Auch bei diesem Atlas hat er bewusst auf die Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern verzichtet. Dabei hätte man gemeinsam im Vorfeld die Suchmaschine auf Fehler prüfen können. Für uns als DKG sind die sich abzeichnende Fehlerhaftigkeit und die Falschinformationen des Bundes-Atlas kein Grund zur Freude, beschädigen sie doch das Vertrauen in Gesundheitsinformationen. Das Deutsche Krankenhausverzeichnis (www.deutsches-krankenhaus-verzeichnis.de) wird als verlässliche und bei Patientinnen und Patienten beliebte Größe weiterhin online sein, gleicht aber nicht die immense Irreführung dieses neuen, steuerfinanzierten Verzeichnisses aus, das sich Transparenz auf die Fahnen geschrieben hat, aber in der Realität Patientinnen und Patienten falsche Sicherheit suggeriert.“
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.