Erste Schritte zur Reform der Reform begrüßenswert – weiterer Handlungsbedarf aber dringend geboten
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) begrüßt, dass das Bundesministerium für Gesundheit mit dem vorgelegten Referentenentwurf zum Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) wichtige Schritte unternimmt, um die Krankenhausreform weiterzuentwickeln. Positiv hervorzuheben ist, dass die besonderen Gegebenheiten und Bedürfnisse der Bundesländer stärker berücksichtigt werden. Allerdings bleibt die grundsätzliche Beibehaltung der Vorhaltefinanzierung weiterhin problematisch. Das derzeitige Modell führt aus Sicht der Krankenhäuser in die falsche Richtung.
Dazu erklärt Prof. Dr. Henriette Neumeyer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der DKG:
„Wir setzen darauf, dass die Reform nun in einem geordneten parlamentarischen Verfahren unter Einbeziehung von Ländern und Selbstverwaltung weiterentwickelt und angepasst wird, wo nötig. Die Krankenhäuser stehen weiterhin hinter den grundsätzlichen Zielen der Reform.
Erfreulich ist, dass insbesondere die dauerhaften Ausnahmeregelungen für Sicherstellungskrankenhäuser in die richtige Richtung weisen. Auch bei anderen Kliniken sollte es den Ländern ermöglicht werden, eigenständig über Ausnahmeregelungen zur Sicherstellung der Versorgung zu entscheiden. Zeitliche Befristungen oder gar die Pflicht, Einvernehmen mit den Krankenkassen in diesen Entscheidungen zu erzielen, sind kritisch zu hinterfragen.
Die Regelungen zur Vorhaltefinanzierung sind aus unserer Sicht unzureichend. Zwar wird die Frist zur Einführung verlängert, das grundsätzlich untaugliche Instrument bleibt jedoch bestehen. Die Einführung der Vorhaltefinanzierung einfach nur zu verschieben, ist keine Lösung. Auch kleinere Anpassungen an Details werden das insgesamt ungeeignete Instrument nicht retten. Das Fundament der Vorhaltefinanzierung ist marode: Es bleibt weiterhin fallzahlabhängig, setzt falsche Anreize und ist mit einem übermäßigen bürokratischen Aufwand verbunden.
Wir setzen große Hoffnung darauf, dass Bund und Länder den Mut aufbringen, dieses Instrument nicht nur zu verschieben, sondern grundlegend zu überarbeiten. Die grundsätzliche Idee einer echten Vorhaltefinanzierung ist richtig – aber nicht in der aktuell vorgesehenen Form.
Enttäuschend ist, dass trotz zahlreicher Vorschläge von Fachgesellschaften, Verbänden und der DKG an der derzeitigen Ausgestaltung der Hybrid-DRGs, die erforderlichen und zeitkritischen Anpassungen zu deren Umsetzung nicht angegangen werden. Stattdessen wird der bisherige Irrweg weiterverfolgt, obwohl Alternativvorschläge vorgelegt wurden.
Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die scheinbar rein technische Entscheidung, die Abschaffung des Fixkostendegressionsabschlags um ein Jahr zu verschieben, dem Ziel des angestrebten Konzentrationsprozesses zuwiderläuft. Durch diese Verschiebung werden fusionierte Kliniken für unvermeidbare Mehrleistungen bestraft. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
Der Gesetzgeber handelt richtig, indem er die Vorschläge des Leistungsgruppen-Ausschusses übernimmt und damit die Anlage 1 zum Gesetz praxistauglicher gestaltet. Ebenso begrüßen wir die Entscheidung, die Einhaltung der Pflegepersonaluntergrenzen als Qualitätskriterium für die Leistungsgruppen vollständig zu streichen.
Mit Blick auf die Standortdefinitionen mahnen wir erneut an, die bisher sehr eng gefasste Definition deutlich auszuweiten. Insbesondere große Kliniken mit mehreren Standorten innerhalb einer Stadt benötigen Ausnahmeregelungen. Sie können nicht an jedem Standort innerhalb einer Stadt sämtliche Leistungsgruppen vollständig vorhalten. Aber auch ganz grundsätzlich muss das Standortdenken überwunden werden. Unter Beachtung der Patientensicherheit und der Versorgungsqualität ermöglichen telemedizinische Verfahren die gemeinsame Nutzung von Ressourcen auch mit dem Ziel, kosteneffizienter zu arbeiten.
Indem der Gesetzgeber nun festlegt, dass die Bundesmittel der Transformationskosten wirklich vom Bund übernommen und diese nicht aus Mitteln der GKV finanziert werden, korrigiert er einen gravierenden ordnungspolitischen Fehler der Reform. Außerdem entlastet der Gesetzgeber den Verwaltungsprozess, indem er die Länder von der Verpflichtung entbindet, eine aufwendige Insolvenzprüfung der Krankenhäuser vorzunehmen, bevor sie Transformationsmittel erhalten können.
Die Soforttransformationskosten finden sich im Krankenhausreformanpassungsgesetz nicht. Wir gehen jedoch fest davon aus, dass die vorgesehenen vier Milliarden Euro Anfang September im Haushaltsbegleitgesetz verankert und anschließend zügig an die Krankenhäuser ausgezahlt werden. Diese Mittel sind dringend erforderlich. Ein rechtssicherer und zügig umsetzbarer Verteilmechanismus ist entscheidend. Die Krankenhäuser brauchen die damit verbundene Liquidität schnell. Aus unserer Sicht eignet sich dafür der vorgesehene Rechnungszuschlag.
Wichtig ist dabei vor allem: Die Verfahren müssen unkompliziert, schnell und nachvollziehbar gestaltet sein.
Wir weisen jedoch ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei den Soforttransformationskosten lediglich um eine Einmalzahlung handelt. Gerade deshalb fordern wir zwingend echte Schritte zur Entbürokratisierung und Deregulierung im Anschluss. Wir müssen die Verantwortlichen in den Krankenhäusern wieder in die Lage versetzen, weitgehend selbst über Prozesse und den geeigneten Ressourceneinsatz zu entscheiden. Nur so kommen Innovationen und Effizienz ins System. Wir werden den Gesetzentwurf genau analysieren – insbesondere darauf hin, ob er konkrete Maßnahmen zur Deregulierung und zum Bürokratieabbau enthält. Das ursprüngliche Reformgesetz von Minister Lauterbach war im Kern ein Bürokratieaufbauprogramm. Nach unseren Analysen wären 5.000 zusätzliche Stellen zur Bewältigung der neuen Bürokratie zur Umsetzung des KHVVG erforderlich. Genau hier braucht es dringend Korrekturen.
Ein wichtiger Schritt wäre es, den Bundes-Klinik-Atlas abzuschalten. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister hat dieses vermeintliche Prestigeprojekt ins Leben gerufen, obwohl es Patientinnen und Patienten keinen Mehrwert bietet und stattdessen die Bürokratie erheblich belastet. Das Deutsche Krankenhausverzeichnis bot bereits vorher – und bietet auch heute noch – eine bessere und einfachere Alternative. Leider sieht der Referentenentwurf die Abschaltung des Bundes-Klinik-Atlas nicht vor.
Eine entschlossene Entbürokratisierung hätte gleich zwei positive Effekte: Sie würde als Investitionsimpuls für die Krankenhäuser wirken und wäre zugleich ein wirksames Instrument im Kampf gegen den Fachkräftemangel.
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.