DKG zur Medizinprodukteverordnung der EU
Dringender Handlungsbedarf: EU-Verordnung gefährdet die Patientenversorgung
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fordert die Europäische Kommission und deren Präsidentin Ursula von der Leyen auf, dringend die Medical Device Regulation (MDR) – die erst seit einem Jahr geltende Regulierungsverordnung für Medizinprodukte – zu überarbeiten. Die Zeit drängt, denn die neue Regulierung führt schon jetzt zu einer bedrohlichen Unterversorgung mit dringend benötigten Medizinprodukten. Bereits der Rat der EU-Gesundheitsministerinnen und -minister am 14. Juni muss für dieses Anliegen genutzt werden. Die DKG appelliert damit auch an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, die Initiative zu ergreifen.
„Gut gemeint ist nicht gut gemacht“, erklärt der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß. „Was zur Sicherung der Medizinproduktequalität im Sinne der Patientinnen und Patienten gedacht war, hat sich in der Praxis als bürokratisches Monster entpuppt. Zahlreiche Medizinprodukte hängen nun in der Bearbeitungsschleife fest, wenn sie die Hersteller nicht gleich vom Markt genommen haben. Die Folge sind schon jetzt deutlich spürbare und gefährliche Lieferengpässe in den Krankenhäusern. Wir haben uns deshalb mit einem Brief gemeinsam mit medizinischen Fachverbänden an die Kommissionspräsidentin und die Abgeordneten gewandt, um hier schnellstmöglich eine Veränderung zu erreichen“, so Gaß. Denn die Lieferengpässe führen schon jetzt zu akuten Gefährdungen, etwa durch fehlende OP-Instrumente, für die es keine oder nur unzureichende Alternativen gibt. Besonders dramatisch stellt sich die Situation für Neugeborene mit Herzfehlern dar. Die für sie bislang verwendeten Ballonkatheter sind bereits vom Markt verschwunden. Die Krankenhäuser sind hier auf Lagerbestände und eine einzige nur unzureichende Alternative angewiesen. Auch bei anderen Medizinprodukten versuchen die Kliniken nun so gut es geht ihre Lagerbestände mit noch auf dem Markt befindlichen Waren zu füllen, da sie weiter verschärfende Engpässe in den kommenden Monaten befürchten. Hunderte Produkte sind bereits heute nicht mehr erhältlich, wie eine DKG-Umfrage im April ergab.
Problematisch ist vor allem, dass bereits zertifizierte Medizinprodukte, bei denen durch jahrelange Erfahrungen keinerlei Zweifel an ihrer Eignung bestehen, noch einmal den Zertifizierungsprozess durchlaufen müssen. Hinzu kommt ein Mangel an ausreichendem Personal bei den Benannten Stellen, die für die Zertifizierung von Medizinprodukten zuständig sind.
„Die EU-Kommission und die Gesundheitsminister müssen auf diese Missstände sofort reagieren, sonst gefährden wir akut die Gesundheitsversorgung für bestimmte Patientinnen und Patienten. Wir benötigen jetzt Ausnahmeregelungen für bewährte Medizinprodukte und längere Übergangsfristen. Zudem bietet sich ein Off-Label-Use wie bei Arzneimitteln als Anreizsystem an, damit die Unternehmen wieder die wirtschaftlich risikobehafteten aber dringend benötigten Nischenprodukte für sehr kleine Patientengruppen herstellen. Dies gilt insbesondere für die Kinderversorgung. Dass die EU-Verantwortlichen auf die Hersteller verweisen, die sich möglicherweise nicht schnell genug auf die neue Verordnung eingestellt haben, mag teilweise richtig sein. Es hilft aber den Patientinnen und Patienten nicht, die akut von Lieferschwierigkeiten bedroht sind“, sagt DKG-Vorstand Gaß.
Qelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.