Ambulante Potentiale der Krankenhäuser im Fokus
Am zweiten Kongresstag des 44. Deutschen Krankenhaustages steht das Forum zur Ambulantisierung im Mittelpunkt der Diskussionen. „Die Ambulantisierung der Medizin ist für uns in den Krankenhäusern ein Top-Thema der nächsten Jahre und wird wesentlicher Teil der Strukturveränderungen in der Gesundheitsversorgung sein. Es ist Fakt, dass diese Ambulantisierung künftig immer stärker am Krankenhaus stattfinden wird – und muss. Dafür spricht nicht nur der stetige Rückzug niedergelassener Ärzte aus den ländlichen Regionen und der Wunsch junger Ärzte, angestellt zu arbeiten. Die bereits bestehenden Versorgungslücken werden noch größer werden, weil viele niedergelassene Ärzte in den kommenden Jahren das Rentenalter erreichen“, erklärte Dr. Josef Düllings, Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD).
Wesentlich sei aber auch, dass es der technische und medizinische Fortschritt ermöglicht, mehr bisher stationär behandelte Patienten ambulant versorgen zu können. Dieses ambulant mögliche Leistungspotenzial werde sich stetig vergrößern. „Hier sehen wir uns auch nicht in Konkurrenz zu den Kassenärzten, die diese Leistungen mangels Kapazitäten, Kompetenzen und Infrastruktur nicht übernehmen können. Aufgabe der Politik ist es, den Krankenhäusern zu ermöglichen, dieses ambulante Potenzial tatsächlich auszuschöpfen. Dazu gehört im Übrigen auch eine entsprechende Finanzierung“, sagte Düllings. Auch für Dr. Michael A. Weber, Präsident des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands (VLK), geht Ambulantisierung „nur mit und an den Krankenhäusern. Und dies gerne im Schulterschluss mit den niedergelassenen Kollegen. Klar ist aber auch, dass wir Verlässlichkeit und damit Strukturvorgaben und Schweregradeinteilungen brauchen, die auch Bestand haben“, so Weber in der Session „§ 115b Ambulantes Operieren im Krankenhaus“. Prof. Dr. Thomas Frieling macht zudem deutlich, dass die Gastroenterologen das Thema ebenfalls aktiv mitgestalten wollen. „Klar ist, dass Qualität gesichert sein muss und wir eine adäquate Vergütung zukünftig ambulant zu erbringender Leistungen im Krankenhaus benötigen“, so der Chefarzt an der Helios Klinik Krefeld und Vorsitzender der ALGK – Arbeitsgemeinschaft Leitender Gastroenterologischer Krankenhausärzte.
Darüber hinaus steht ab 13.00 Uhr die psychiatrische und psychosomatische Versorgung in Deutschland auf dem Kongressprogramm. Die bestehenden Rahmenbedingungen in Deutschland, insbesondere die „Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie“ des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), die Fragmentierung der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung sowie die Komplexität des Vergütungssystems gefährden die am individuellen Patientenbedarf orientierte Versorgung psychisch erkrankter Menschen. Vor diesem Hintergrund diskutieren in der Session „PPP-RL: Wie ist die Praxis?Wie geht es weiter?“ Expertinnen und Experten die neuesten Entwicklungen. „Die kleinstteilige Überregulierung durch die PPP-RL muss beendet werden. Ihr stetig wachsender Bürokratieaufwand macht Berufe im psychiatrisch-klinischen Kontext unattraktiver. Damit leistet sie keinen Beitrag dazu, den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen“, sagt Reinhard Belling, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Träger psychiatrischer und psychosomatischer Krankenhäuser in Deutschland (BAG Psychiatrie) sowie Geschäftsführer Vitos. Auch Dr. Iris Hauth befürchtet einen Rückschritt zur Zentralisierung auf Kosten der gemeindeintegrierten psychiatrischen Versorgung. „Innovative medizinische Behandlungskonzepte werden durch den starren Stationsbezug der Richtlinie nicht abgebildet und behindert. Von der Psychiatriereform empfohlene, gut eingeführte Sattelitenstationen in somatischen Krankenhäusern, besonders aber dezentrale Tageskliniken werden durch die starren, kleinteiligen stationsbezogenen Nachweise in ihrer Existenz gefährdet“, so die Regionalgeschäftsführerin im Zentrum für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Alexianer St. Joseph-Krankenhaus Berlin-Weißensee.
Am Nachmittag wird im Forum „Qualität versus Mindestmengen und Strukturprüfung“ Professor Dr. Volker Schächinger hinterfragen, ob die Verknüpfung von Mindestmengen mit dem Begriff der Qualität tatsächlich plausibel ist. Sein Grundtenor ist, dass eine politisch gewollte Versorgungsstörung tatsächlich politisch gelöst werden muss. Eine politisch motivierte Zweckentfremdung der Qualitätssicherung lehnt Schächinger, Direktor der Med. Klinik I am Klinikum Fulda, grundsätzlich ab. Professor Dr. Reimer Riessen, Leitender Oberarzt der Internistischen Intensivstation am Universitätsklinikum Tübingen, wird sich mit der Strukturprüfungsrichtlinie Intensivmedizin beschäftigen. Dabei geht es Riessen auch darum, zu erörtern, ob eine generelle Umwandlung von Rufbereitschaft für Bereitschaftsdienste möglich und sinnvoll ist. Personal ist nicht vorhanden, es würde zudem am nächsten Tag im Tagdienst fehlen. Für viele Ärztinnen und Ärzte sei ein solches Modell schlicht unattraktiv, was dazu führt, dass diese Ärzte sich andere Tätigkeitsfelder suchten. Für die Patientensicherheit, und das ist sicherlich die wichtigste Botschaft seines Vortrages, würde es wenn überhaupt nur einen minimalen Zusatznutzen geben. Abgerundet wird die Session um die Qualitätssicherung durch den Chef des IQTIG, Professor Dr. Claus-Dieter Heidecke, der die Qualitätssicherung der Zukunft thematisiert. Dabei wird er sich bisheriger Qualitätssicherungsmaßnahmen wie beispielsweise den plan. QI widmen. Das vielfach kritisch betrachtete Instrument wird derzeit in den drei Bundesländern Hamburg, Hessen und Saarland vollumfänglich umgesetzt. Hingegen wird die unmittelbare Wirksamkeit in fünf Bundesländern durch eigene Gesetzgebung aufgehoben. Heidecke fokussiert in seinem Vortrag auf die Patientenzentrierung der QS, wird sich aber auch der Messbarkeit von Qualität widmen.
Unter dem Titel „Kurswechsel in der Krankenhauspolitik?!“ können sich alle Interessierten noch bis 17. November per Livestream unter www.deutscher-krankenhaustag.de über die neuesten Trends aus dem Krankenhausbereich informieren. Der 44. Deutsche Krankenhaustag findet parallel zur weltweit größten Medizinmesse MEDICA in Düsseldorf stattfinden.
Detaillierte Informationen finden Sie unterwww.deutscher-krankenhaustag.de.
Der Deutsche Krankenhaustag ist eine wichtige berufsgruppenübergreifende Plattform für die deutschen Krankenhäuser und findet jährlich im Rahmen der MEDICA statt. Gesellschafter der GDK sind die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) und der Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands (VLK). Der Pflegebereich ist durch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland (ADS) und den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBFK) in die Arbeit der GDK eingebunden.
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.