Gemeinsame Erklärung von DKG und VUD: Zur Pandemie nun Bürokratie für die Krankenhäuser
Die vom Bundesgesundheitsministerium genehmigte Strukturprüfungsrichtlinie wird in den kommenden Wochen die Spirale der Bürokratie in den Krankenhäusern nochmals extrem anziehen. „Unsere Beschäftigten hätten nach der monatelangen Pandemielage ein Durchatmen verdient. Stattdessen beschert uns das Bundesgesundheitsministerium nun massenhaft zusätzliche Arbeit, mit der die Kliniken bis Ende Juni Aktenordner voller Nachweise an den Medizinischen Dienst schicken müssen“, sagt der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Dr. Gerald Gaß.
Weniger als die Hälfte der Krankenhäuser wird aufgrund des extrem hohen Bürokratieaufwands in der Lage sein, fristgerecht die für die OPS-Strukturprüfungen vorgesehenen Unterlagen bereitzustellen. Damit drohen ernsthafte Versorgungseinschränkungen im stationären Bereich. Das ergab eine Blitzumfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) unter 279 Krankenhäusern.
Hintergrund ist die am 28. Mai in Kraft getretene Strukturprüfungsverordnung, die Kliniken dazu zwingt, bis zum 30. Juni eine Vielzahl von Dokumenten für die Strukturprüfungen zur Abrechnung komplexer Behandlungsleistungen vorzulegen. Aufgrund der kurzen Frist und der gleichzeitig extremen bürokratischen Anforderungen werden zahlreiche Kliniken nicht rechtzeitig die Prüfungen beantragen können. Fallen allerdings Prüfungen der OPS-Kodes (Operationen- und Prozedurenschlüssel) aus, kann dies nicht nur für die Krankenhäuser, sondern vor allem für die Versorgung schwerkranker Patienten dramatische Folgen haben, da Krankenhäusern verwehrt wird, die betroffenen Leistungen weiter zu erbringen.
„Die Strukturprüfungen sollten die Krankenhäuser von Einzelprüfungen entlasten. Die Kurzfristigkeit und schiere Masse der mit der Richtlinie angeforderten Unterlagen stellen die Kliniken nun aber vor fast unüberwindbare Probleme. Wir appellieren daher an den Gesundheitsminister, wenigstens die Abgabefrist zu verlängern und die bürokratischen Anforderungen auf ein sinnvolles Maß zu reduzieren. Die Krankenhäuser und ihre Beschäftigten haben mit dem Abklingen einer nie dagewesenen Belastung gerade die Aussicht, ein wenig zur Normalität zurückzukehren. Auch viele in der Pandemie ausgefallene Patientenbehandlungen müssen nachgeholt werden. Sie nun in dieser Phase vor eine neue Höchstbelastung zu stellen, ist nicht akzeptabel. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier ein weiteres Instrument des kalten Strukturwandels gefunden wurde, das Krankenhäuser in die Knie zwingen soll“, sagt Dr. Gerald Gaß.
Die Umfrage des DKI ergab, dass vor allem solche Krankenhäuser vor Problemen stehen, die viele OPS-Kodes abrechnen. Große Krankenhäuser wie Universitätskliniken sind damit besonders betroffen. Die Hälfte der Häuser, die 21 und mehr der zu prüfenden OPS-Kodes abrechnen, gab an, die Fristen sicher nicht einhalten zu können. Nur jede fünfte große Klinik wird die Unterlagen fristgemäß vorlegen können. „OPS-Strukturkodes spielen wirtschaftlich für Universitätsklinika mit ihrem besonderen Versorgungsangebot in der Maximalversorgung eine wichtige Rolle. Mit ihnen geht ein Erlösvolumen von jährlich fast 350 Millionen Euro für die Universitätsklinika einher. Die kurzfristige Umsetzung der Strukturprüfungsrichtlinie birgt große Risiken. Sie ist auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kliniken angesichts der weiterhin bestehenden Herausforderungen derzeit nicht zumutbar. Wir brauchen daher dringend in einem ersten Schritt eine Anpassung der bisherigen Fristen“, betont Jens Bussmann, Generalsekretär des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands (VUD).
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.