Die Krankenhausreform bleibt unvollendet
Im heute öffentlich gewordenen Kabinettsentwurf zum Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) sieht die Deutsche Krankenhausgesellschaft noch erhebliche Defizite mit Blick auf die im Koalitionsvertrag verabredeten Anpassungen der Krankenhausreform. Substanzielle Verbesserungen, die die Krankenhausreform dauerhaft praxistauglich machen sollten, sind nicht zu finden. Insgesamt bleibt die Reform der Reform auch weit hinter den Erwartungen und Forderungen der Länder zurück. Dazu erklärt der Vorstandsvorsitzende der DKG, Dr. Gerald Gaß:
„Deutschland benötigt eine Krankenhausreform, um die Versorgungsstrukturen bedarfsgerecht weiterzuentwickeln und eine Antwort auf den demografischen Wandel zu finden. Hochspezialisierte Behandlungen zu konzentrieren ist ebenso notwendig, wie die stabile Grund- und Regelversorgung in der Fläche sicherzustellen. Das jetzt vorgelegte Gesetz zur Reformanpassung erfüllt aber die Erfordernisse dauerhaft verlässlicher Rahmenbedingungen, einer stabilen Finanzierung und des dringend notwendigen Abbaus von Bürokratie nicht. Die Reform verfehlt damit die selbst gesteckten Ziele der Politik.
Die Bundesländer werden in vielen Regionen vor allem in der Fläche nicht mehr in der Lage sein, eine eigenständige und am Bedarf der Bevölkerung ausgerichtete Krankenhausversorgung zu planen und umzusetzen. Von den dafür eingeforderten Gestaltungsspielräumen für die Länder ist nur wenig umgesetzt worden. Ausnahmen von den bundesweiten, äußerst kleinteiligen und kostenintensiven Personal- und Strukturvorgaben für die Leistungsgruppen dürfen die Länder nur im Einvernehmen mit den Krankenkassen machen und dann auch nur befristet für drei Jahre. Die Kompetenz zur Krankenhausplanung, einem verfassungsrechtlich den Ländern zugeordneten Politikfeld, üben künftig Bund und Krankenkassen aus. Die von den Ländern selbst immer wieder geforderten Gestaltungsspielräume hängen damit im Einzelnen von der Zustimmung der Krankenkassen ab.
Auch für zahlreiche der sehr erfolgreich und mit hoher Qualität arbeitenden Fachkliniken dürfte es eng werden. Den von ihnen geforderten breiten Entscheidungsspielraum zum Erhalt der Fachkliniken werden die Länder auch hier nicht haben.
Beim Thema Finanzierung treten wir auf der Stelle. Alle wissen, dass die vorgesehene Vorhaltefinanzierung ihren eigentlichen Zweck, bedarfsnotwendige Versorgungsangebote zu sichern, nicht erfüllen wird. Grund- und Regelversorgungskliniken, die in Folge der Reform ihr Leistungsspektrum einschränken müssen, erhalten keinerlei Ausgleich für die dadurch wegfallenden Erlöse. Viele Kliniken stehen deshalb vor dem Aus. Dennoch hält das Gesetz an diesem Teil der Reform fest. Die Einführung dieser heute schon gescheiterten Finanzierungskonzeption erst einmal zu verschieben, ist ein Feigenblatt aber keine Lösung. Auch hier werden die Länder zusehen müssen, wie die zurechtgestutzten Leistungsangebote der Häuser in der Grund- und Regelversorgung zu dauerhaften Defiziten und damit zum Exitus dieser Standorte führen werden. Wohlklingende Wortschöpfungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier kein einziger Euro für die Vorhaltung der Krankenhäuser fließen wird.
Unverbrüchlich steht die Koalition auch zu zahlreichen weiteren fachlichen Fehlgriffen des Ex-Ministers Lauterbach und seiner Reformkommission. Mindestvorhaltezahlen und onkochirurgische Verbotsliste bleiben unverändert, trotz nachgewiesener Fehlanreize und rechtlicher Bedenken. Von Bürokratieabbau und Deregulierung sind wir durch das heute im Kabinett beschlossene Gesetz weiter weg denn je. Sogar der völlig untaugliche Klinikatlas soll weiter genutzt werden, um durch manipulative Eingriffe in die Daten kleinere Standorte öffentlich abzuqualifizieren.
Insgesamt ist dieses Gesetz eine Enttäuschung für alle diejenigen, die sich erhofft hatten, dass innovative Patientenversorgung gefördert, Krankenhäuser von Bürokratie entlastet, die Etablierung Telemedizinischer Angebote erleichtert und regionale Versorgungsverbünde gestärkt werden.
Mit dem Beschluss des KHAG verpasst die Bundesregierung die Chance, die in zentralen Bereichen untaugliche Krankenhausreform des vorherigen Gesundheitsministers so anzupassen, dass sie die stationäre Versorgung für die nächsten Jahrzehnte verlässlich für alle gesichert hätte. Die Länder werden ihrem Auftrag zur Sicherstellung einer flächendeckenden Krankenhausversorgung in vielen Regionen nicht mehr nachkommen können. Die Patientinnen und Patienten werden sich nun auf weitere Jahre mit Wartelisten, Insolvenzen, Klinikschließungen und Leistungseinschränkungen einstellen müssen. Für die Krankenhäuser bleibt es bei einem fortwährenden Kampf um das wirtschaftliche Überleben in einem völlig überregulierten System, bei dem das Wohl der Patientinnen und Patienten längst aus dem Blick geraten ist.“
Quelle: Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.